Barrierefreie Website wird Pflicht – was du jetzt wissen musst

von | 12. Juni 2025

Beim Gedanken an das Thema “Barrierefreiheit” kommen dir vermutlich als Erstes Rampen, Fahrstühle, breitere Türen oder Blindenleitsysteme auf Gehwegen in den Sinn. An die digitale Barrierefreiheit und damit an das Thema „Websites barrierefrei gestalten“ denkst du vermutlich eher weniger – und damit bist du sicherlich nicht allein.

Barrierefreiheit spielt aber in allen Bereichen des Lebens eine wichtige Rolle und umfasst weitaus mehr als eine Rampe vor der Tür oder barrierefreie Fahrstühle.

Die Digitalisierung hat mittlerweile alle Bereiche des privaten und öffentlichen Lebens erfasst. Gerade für Menschen mit Behinderung ist sie eine große Chance, aber gleichzeitig auch eine riesige Herausforderung, denn barrierefreie Websites sind bis heute nicht selbstverständlich, wodurch viele Internetangebote nicht für alle Menschen nutzbar sind.

Bereits seit 2002 sind öffentliche Stellen, wie Bundesbehörden, dazu verpflichtet, ihre Internetangebote barrierefrei zu gestalten. Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) als Teil des European Accessibility Act (EAA) erweitert die Pflicht zur Barrierefreiheit im Internet ab 2025 nun auch auf bestimmte private Anbieter.

Das Gesetz beinhaltet vor allem Anforderungen an die Barrierefreiheit von Produkten und Dienstleistungen inkl. bestimmter Websites, Apps und Onlineshops, um sicherzustellen, dass diese für alle Menschen zugänglich sind.

Da es aktuell noch einige ungeklärte Punkte im Zusammenhang mit dem BFSG gibt, habe ich die Informationen für dich nach bestem Wissen und Gewissen zusammengetragen. Ich garantiere nicht für die Richtigkeit!

Inhalt des Blogbeitrags

Was bedeutet „barrierefreie Website“?

Eine Website ist barrierefrei, wenn sie auch für Menschen mit körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen auf robuste Art und Weise wahrnehmbar, bedienbar und verständlich ist.

Was bedeutet das im Einzelnen?

  • wahrnehmbar: Informationen und Bestandteile der Benutzerschnittstelle müssen NutzerInnen so präsentiert werden, dass diese sie wahrnehmen können
  • bedienbar: die Bestandteile der Benutzerschnittstelle und Navigation müssen bedienbar sein
  • verständlich: Informationen und Bedienung der Benutzerschnittstelle müssen verständlich sein
  • robust: die Nutzung der Website muss mit einer großen Anzahl an Geräten zuverlässig möglich sein (auch zukünftige Geräte sind hier eingeschlossen)

Um dir die vier Prinzipien der Barrierefreiheit noch etwas greifbarer zu machen, schauen wir uns einmal exemplarisch an, wie sich die Prinzipien in die Tat umsetzen lassen können:

  • wahrnehmbar:
    • die Schriftgröße sollte mind. 16px betragen
    • Blocksatz sollte vermieden werden
    • Links sollten farblich markiert und unterstrichen werden
    • auf die Verwendung von Handschriften sollte verzichtet werden
    • für Bilder sollten Alt-Texte hinterlegt werden
  • bedienbar:
    • es sollten Fokusringe genutzt werden, um visuell anzuzeigen, welches Element gerade mit der Tastatur fokussiert ist
    • Videos oder Animationen müssen mit der Tastatur pausierbar, anhaltbar und steuerbar sein
  • verständlich:
    • Textinhalte sollten in leichter Sprache (kurze Sätze, Abschnitte etc.) verfasst werden
    • die Website sollte ein einheitliches Design und klare Strukturen haben
  • robust:
    • die Seiten sollten mit heutigen und zukünftigen Browsern funktionieren
    • Websites sollten mit assistierenden Technologien (z. B. Screenreadern, Spracherkennung) kompatibel sein

Zusammengefasst bedeutet „barrierefreies Webdesign“ also, dass deine Website für alle Menschen zugänglich und nutzbar ist, unabhängig von körperlichen, sensorischen oder kognitiven Einschränkungen sowie unabhängig von konkreten technischen Hilfsmitteln, die sie benutzen können.

Erfüllt deine Website eins der vier Prinzipien der Barrierefreiheit nicht, ist sie möglicherweise nicht für alle Menschen mit Behinderung zugänglich und nutzbar – und gilt damit nicht als barrierefrei.

BFSG: Für wen gilt das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz?

Das neue Barrierefreiheitsstärkungsgesetz wurde bereits im Juli 2021 erlassen und tritt in Deutschland am 28. Juni 2025 in Kraft. Das Gesetz definiert Anforderungen für Produkte und Dienstleistungen, die nach dem 28.06.2025 in den Verkehr gebracht bzw. für VerbraucherInnen (B2C) erbracht werden.

Für folgende Produkte und Dienstleistungen gilt das BFSG:

  • Onlineshops
  • E-Book-Lesegeräte
  • Anleitungen
  • Hardware & Software
  • UI- / UX-Anwendungen
  • Websites
  • Apps
  • Telekommunikation
  • Onlinehandel
  • Personenbeförderungsdienste
  • interaktive Selbstbedienungsterminals
  • Bankdienstleistungen für VerbraucherInnen
  • Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr

Mit Inkrafttreten des BFSG wird die Barrierefreiheit von Webseiten also für viele Unternehmen verpflichtend.

Gibt es Ausnahmen von der Verpflichtung zur Barrierefreiheit?

An dieser Stelle die gute Nachricht für alle Kleinstunternehmer: Unternehmen, die weniger als zehn Personen beschäftigen und entweder deren Jahresumsatz sich auf höchstens zwei Millionen Euro beläuft sind aktuell noch teilweise vom Gesetz ausgenommen sind.

Stufen der Barrierefreiheit von Websites

Die Web Content Accessibility Guidelines 2.1 (WCAG) umfassen eine Vielzahl von Richtlinien und Erfolgskriterien zur Verbesserung der Zugänglichkeit von Websites und Apps. Die Anzahl der erfüllten Kriterien, sowie die Art der Umsetzung, entscheiden über die jeweilige Konformitätsstufe (Level A bis Level AA).

Level A – niedriges Zugänglichkeitsniveau

Anforderungen der Stufe A zeigen, welche Inhalte als absolutes Minimum für eine barrierefreie Website erfüllt sein müssen. Für beeinträchtigte Menschen gibt es auf deinen Webseiten aber noch viele Hürden und Einschränkungen, sie ist nicht vollumfänglich für diese nutzbar.

Beispiele:

  • Alternativtexte: Du hast Alternativtexte für deine Bilder hinterlegt, damit Screenreader diese blinden Menschen vorlesen können.
  • Tastaturnavigation: Deine Website lässt sich nur durch die Tastatur (ohne Maus) bedienen.

Level AA – mittleres Zugänglichkeitsniveau

Anforderungen der Stufe AA beschreiben den gängigen Standard, den Betreiber von barrierefreien Websites ab Mitte 2025 anstreben sollten, um die eigene Website bestmöglich für beeinträchtigte Menschen zugänglich zu machen. Damit eine Seite das Level AA erreicht, muss sie die Anforderungen der Stufen A und AA erfüllen.

Beispiele:

  • Textgröße: Texte können auch ohne assistierende Technik um bis zu 200% vergrößert werden, ohne dass dabei Inhalte oder Funktionalitäten der Website verloren gehen 
  • Fokus sichtbar: Fokusringe zeigen bei der Steuerung der Website per Tastatur, welches Element gerade mit der Tastatur fokussiert ist

Level AAA – hohes Zugänglichkeitsniveau

Weitere Anforderungen der Stufe AA umfassen die maximale Barrierefreiheit, die jedoch nicht immer für jede Website erreichbar ist. Sie stellt die optimale Barrierefreiheit einer Website darf, erfordert aber oftmals erhebliche Anpassungen. 

Beispiele:

  • Gebärdensprache: Für alle aufgezeichneten Audioinhalte wird eine Übersetzung in Gebärdensprache bereitgestellt, sodass diese Inhalte auch für hörbehinderte Menschen zugänglich sind.
  • Sprache: Die Texte auf der Website sind in leichter Sprache (vergleichbar mit Sprachniveau A2) verfasst.

Weitere Informationen (auf englisch) zu den WCAG 2.1 findest du unter „Web Content Accessibility Guideslines“.

Test: Ist deine Website barrierefrei?

Es gibt viele kostenlose Tools, mit denen du testen kannst, ob deine Website für Menschen mit Beeinträchtigungen barrierefrei ist und an welchen Stellen du noch nachbessern solltest. Meine persönliche Empfehlung sind hier „WAVE – web accessibility evaluation tool“ und die Chrome-Erweiterung „Silktide“.

Beide Tools zeigen dir genau auf, an welcher Stelle deiner Website es noch Barrieren gibt und wie du diese reduzieren bzw. abbauen kannst.

Barrierefreie Webinhalte als Chance für dein Unternehmen

Auch wenn du nicht gesetzlich zur Umsetzung der Richtlinien für barrierefreie Webinhalte verpflichtet bist, ist eine barrierefreie Webseite eine echte Chance für dich und dein Business.

In Deutschland leben ungefähr 13 Millionen Menschen mit einer Beeinträchtigung, rund 8 Millionen Menschen von ihnen sind sogar schwerbehindert. Das entspricht rund 10% der Gesamtbevölkerung in Deutschland. (Vgl. hierzu die Studie von Statista) Diese Zahl macht deutlich: Gestaltest du dein digitales Angebot nicht barrierefrei, schließt du potenziell viele KundInnen aus.

Umso wichtiger ist es also, Barrieren auf deiner Website aktiv abzubauen – und das ist bei einigen Punkten einfacher als gedacht. Schon mit kleinen Anpassungen lässt sich die digitale Zugänglichkeit deutlich verbessern:

  • Wähle Schriftgrößen und Schriftarten so, dass die Texte immer gut lesbar sind und in ausreichendem Kontrast zum Hintergrund stehen.
  • Richte Schriften so ein, dass sie sich so weit vergrößern lassen, dass die Website auch bei vergrößerter Darstellung noch voll und ganz benutzbar bleibt.
  • Formuliere für alle deine Bilder einem Alternativtext, sodass auch Menschen mit einer Sehbehinderung alle Elemente deiner Website erfassen können. Sie können die Bilder zwar nicht sehen, Screenreader lesen ihnen aber die Alt-Texte vor, sodass sie erfassen können, was auf diesen zu sehen ist.
  • Versehe Videos und Audiodateien mit Untertiteln oder Audioskripten, sodass auch Menschen mit einer Hörbehinderung diese Inhalte nutzen können.

Fazit zu barrierefreien Websites

Eine barrierefreie Website hat langfristig Vorteile für dein Business, auch wenn du aufgrund der Ausnahme zur Umsetzung gesetzlich nicht verpflichtet sein solltest. Sei ein Vorreiter in deiner Branche und ermögliche auch Menschen mit Beeinträchtigung dank einer barrierefreien Gestaltung deine Website nutzen zu können. Wenn du frühzeitig in eine barrierearme und benutzerfreundliche Website investierst, stärkst du nicht nur deine Marke, sondern erschließt auch eine Zielgruppe, die deine WettbewerberInnen womöglich noch nicht berücksichtigen.

Mit anderen Worten: Barrierefreiheit ist dein Wettbewerbsvorteil

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